Jacob Lugner (1570-1638), Hofbesitzer in Neudorf

Mein 9x-Urgroßvater Jacob – der Urvater der Lugner-Familien in den benachbarten böhmischen Ortschaften Neudorf, Schönfeld und Unter- sowie Obertiefenbach (heute Nová Ves, Krásno und Dolní bzw. Horní Hluboká – letzteres nicht mehr existent,) – war ein zielstrebiger Mann. Und so gab er nicht gleich auf, als die Bergstadt Schlaggenwald ihm den Wunsch abschlug, zwei brach liegende Berghöfe in Neudorf zu erwerben. Die beiden Höfe hatten sich früher im Privatbesitz von Bauern befunden, waren dann jedoch aufgegeben und nicht mehr bewirtschaftet worden und in den Besitz der Bergstadt Schlaggenwald gekommen. Sie lagen etwas außerhalb des Ortskerns. Berghöfe wurden sie deshalb genannt, weil sie aufwärts in Richtung Schlaggenwald/Schönfeld und Lauterbach lagen. Auf ihrem Grund entstanden die späteren Hausnummern 92/93 (vor 1805: 100/134), 94/95 (vor 1805: 101/102) und 58/59 (vor 1805: 52/53). Anfangs gehörte auch die Nummer 3 zu diesen Höfen, das Grundstück wurde jedoch schon früh vom Besitz abgetrennt.

Bitte beachten sie: Heute existiert Neudorf nicht mehr in seiner historischen Form. Das Beitragsbild dient also nur der Veranschaulichung! Es zeigt nicht die Berghöfe!

Der Kauf der Berghöfe

Mehrfach abgelehnt, war Jacobs Anfrage in Schlaggenwald schließlich erfolgreich und er kaufte die Höfe zum Preis von 1.050 Gulden. Im Alten Grundt Buch von Neudorf ist dazu notiert, dass der aus Ebmeth stammende Jacob Lueger von der kaiserlichen Bergstadt Schlaggenwald „die zwei öberen Höf zu Neudorff“ mit umliegendem Grund und Tieren und Zubehör erwirbt. Den Zuschlag erhielt er unter der Auflage, dass mit den beiden Höfen „fürderhin verfahren“ und es gehalten werden solle, wie es „von alters, als noch bauersleut darauf gewohnt, üblich und gebräuchlich gewesen“.

Wie damals allgemein üblich, beglich Jacob den Kaufpreis in Form einer Anzahlung (250 Gulden) und sich anschließenden, gleich hohen jährlichen Raten (45 Gulden) an die Stadt. Die finanzielle Last milderte er, indem er schon im Juli 1610 etwas weniger als die Hälfte des Grundbesitzes mit Haus (den Hof mit der späteren Nummer 92/93) an Georg Brandstetter abgab (der vermutlich wie ein anderer Vertreter dieses Namens im Nachbarort Schönfeld aus Schwaz in Südtirol stammen dürfte). So fiel es Jacob wohl nicht allzu schwer, seinen Zahlungsverpflichtungen regelmäßig nachzukommen. Allerdings findet sich im Zinsbuch ein Eintrag zu einem Zahlungsrückstand, welcher später ausgeglichen wird. Dennoch: Jacob gelingt es ohne Probleme, regelmäßig zu zahlen. Bis 1626 hat er insgesamt 970 Gulden an das verkaufende Amt entrichtet.

Jacob verlässt Neudorf

Bis 1629 blieb Jacob im Besitz der Gebäude, Wiesen und Äcker mit den späteren Hausnummern 92/93 und 58/59. Dann schlug das Schicksal zu. Der Ort Neudorf, zum Bezirk Petschau gehörig, wurde von den durch Kaiser Ferdinand II. gestützten gegenreformatorischen Strömungen erfasst und zügig rekatholisiert. Von allen Bewohnern wurde verlangt, die katholische Religion anzunehmen. Jacob lehnte sich dagegen auf und musste deshalb den Ort verlassen. Nach allem, was wir wissen, ist er ins benachbarte Schönfeld gezogen, wo seine Söhne Clement und Caspar lebten und wo anscheinend eine tolerantere Haltung gegenüber Protestanten gepflegt wurde. So gibt es auch nach 1630 dort noch Einträge in den Matriken, in denen einzelne Elternpaare als protestantisch gekennzeichnet werden. Lediglich deren Kinder mussten katholisch getauft werden, man zwang jedoch wohl nicht so offensiv zur Konvertierung wie in Neudorf.

Jacobs Sohn Hans scheint sich nicht gegen den Übertritt zum Katholizismus gewehrt zu haben, denn er erschien am 30 Juli 1629 auf dem Amt und erklärte, er übernehme den Neudorfer Drei-Achtel-Hof vom Vater. Dieser wolle „der religion halber lieber weichen, dann solche annehmen“. Hans erhielt sodann den gesamten Besitz (ab 1805: 92/93 und 58/59) zusammen mit 3 Pferden, 1 Kuh, 3 Kälbern, 3 feurigen Kälbern, 2 Ziegen, 3 Schweinen und Haus- sowie Ackergerät zum Preis von 600 Gulden. Jacob bedingte sich Unterbringung und freie Herberge für sich und seine Frau aus „auf ihr lebtag“, so er „über kurz oder lang sich auß begnadung der obrigkeit oder durch annehmung der religion wieder zur stell komben und [sich] bei dem seinig aufhalden wolte“. Dazu sollte es jedoch nicht kommen.

Lugner, Lu(e)ger, Lugert(h)

Jacobs Familienname wird bei seinem ersten Auftreten im Grundbuch von Neudorf mit „Luger“ oder auch „Lueger“ bezeichnet. Da angegeben ist, dass er aus Ebmeth bei Frohnau stammt, und da die Matriken von Ebmeth (Rovná) und Frohnau (Vranov) ab 1634 erhalten sind, konnte die früheste Schreibweise des Familiennamens dort überprüft werden. Der in den ältesten Ebmether und Frohnauer Matriken aufgeführte Familienname ist „Lugner“. Auch im Urbar zur Mitte des 17. Jahrhunderts wird die Familie als „Lugner“-Familie bezeichnet. Erst ab 1663 weicht die Schreibweise in den Frohnauer und Ebmether Matrikeleinträgen ab und wechselt in diesen Ortschaften vollständig zu „Lugert“ oder „Lugerth“. Das gilt auch für die umliegenden Ortschaften, wie beispielsweise Lauterbach.

Doch für Jacobs Nachkommen in Neudorf, Obertiefenbach und Schönfeld wird das „Lugner“ beibehalten, auch wenn zwischenzeitlich Matrikel- und Grundbuch-Aufzeichnungen davon abweichen und sich dort ebenfalls das „Lugert“ finden lässt. Abweichungen („Luger“, „Lueger“, „Lugert(h)“) sind wohl einesteils umgangssprachlich zu verstehen und des Weiteren auch der individuell gehandhabten Rechtschreibung geschuldet. In Katasterplänen des 20. Jahrhunderts findet sich aber nach wie vor „Lugner“, obwohl die Familie im Ort als „Lugert“ bezeichnet wurde. Auch meine Familie, die von dieser Linie abzuleiten ist, trägt den Namen „Lugner“.

Jacobs Geburts- und Todesdaten

Leider kann man Jacobs Geburt nicht mit Dokumenten belegen, da die Aufzeichnungen in Ebmeth erst im Jahr 1634 beginnen. Dass er im Jahr 1610 die Neudorfer Höfe kauft, weist darauf hin, dass er um 1580 oder eher noch davor geboren sein dürfte. Denn vor dem Alter von 25 bis 30 Jahren wird Jacob schwerlich Grundbesitz erworben haben. Zudem liegen die Geburtsjahre seiner bislang bekannten Kinder ungefähr zwischen 1595 und 1620.

Jacobs Todesjahr allerdings lässt sich von Eintragungen im Grundbuch recht gut ableiten. Die Zahlungen, die Sohn Hans nach der Hofübernahme an den Vater zu leisten hat, enden im Jahr 1637. Es ist daher davon auszugehen, dass Jacob um 1638 gestorben ist. Es heißt außerdem im Grundbuch, dass die „Lugner-Gebrüder“ Clement und Caspar (beide in Schönfeld wohnhaft) in diesem Zeitraum 28 Gulden und 30 Kreuzer vom Bruder Hans als Bargeld für das Begräbnis des Vaters und mit seinem Aufenthalt verbundene Auslagen erhalten haben. Einen Beleg aus dem Sterbematrikel gibt es nicht, denn dieses wurde von 1630 bis 1660 nur sporadisch geführt.

Jacobs Stammbaum

Jacobs Lebensdaten und Stammbaum finden sich auf meiner Website zur böhmischen Familienforschung.

Quellenangaben:
1) Nova Ves (Neudorf), 1600-1779, Altes Grundt Buch, 10 ff. www.portafontium.eu.
2) Velkostatek Sokolov, 1643-1650, www.portafontium.eu
3) Vranov 18, 1634-1663, www.portafontium.eu