Vier Hochzeiten und ein Todesfall…

… der Traum jedes Genealogen. Doch die Realität sieht anders aus. In der Darstellung einer direkten Familienlinie sind zwar tatsächlich in der Generation der Ur-Ur-Großeltern lediglich vier Hochzeiten anzugeben. Todesfälle und Geburten dürften aber weitaus häufiger aufgetreten sein, kann man bei fünf Generationen doch häufig von einem Zeitraum von über 200 Jahren ausgehen.

Nimmt man sich gar die Erstellung eines Familienbuchs für eine Ortschaft oder Region vor, geht die Anzahl der Taufen, Heiraten und Todesfälle in die Tausende. Umfangreiche Familienforschung erfordert akribisches Erfassen aller Daten aus relevanten Kirchenbüchern und deren Kombination. Genealogische Arbeit – und sei sie auch nur auf einen oder zwei Orte beschränkt – ist somit unter Umständen eine Lebensaufgabe.

Als Beispiel für die umfangreiche genealogische Arbeit will ich das erste Neudorfer Kirchenbuch aus www.portafontium.eu anführen, in das Ereignisse zwischen 1781 und 1794 aufgenommen sind. Der offizielle Name des Matrikels lautet: „Tauf-Copulations u. Sterbe-Matriken, Tomus I, 1781-1793“. Es ist eines der weniger umfangreichen Bücher für die Ortschaft.

Dieser erste Band der Neudorfer Kirchenbücher enthält:

Einträge der Geburten (Taufen) auf den Seiten 1 bis 28
Einträge unehelicher Kinder auf Seite 75
Einträge der Ehen auf den Seiten 119 bis 124
Einträge der Todesfälle auf den Seiten 162 bis 172
Index nach Familien auf den Seiten 211 bis 230

Dazwischen liegen lateinische Ausführungen zum Kirchenjahr und zu Aufgeboten (auch anderer Jahre!)

Auf den ersten 28 Seiten sind fast 550 Geburten (bzw. Taufen) verzeichnet, die aufgrund der Enge der Einträge zudem zum Teil schwer zu entziffern sind. Hier eine Beispielseite… Alleine für die Entzifferung, korrekte Zuordnung zu Familien und Wohnhäusern sowie anschließende digitale Erfassung benötigen Geübte im Schnitt ein bis zwei Monate – vorausgesetzt, Vater und Mutter existieren bereits im Familienverbund in der Zieldatenbank und sind leicht zu finden. Die Bearbeitung der Ehen (auf Seite 119 bis 124) und der Todesfälle (auf Seite 162 bis 172 ist nicht minder zeitaufwändig.

Nun mag mancher denken, ein solches Vorgehen sei nicht notwendig. Doch bei der durchgängigen Praxis der böhmischen Dorfgesellschaft, in der Vornamenswahl nicht allzu kreativ zu sein, ist es notwendig, möglichst alle Kinder eines Elternpaares zu erfassen. Nicht immer entspricht die erste gefundene Maria Katharina oder der erste Johann dem gesuchten Vorfahren oder Vater einer späteren Familie der Folgegeneration. Teils werden vier Kinder einer Familie in Reihe gleich benannt, wenn die ersten Drei zuvor gestorben sind. Teils werden auch die Namen vertauscht oder vom aufzeichnenden Priester abgekürzt. So kann ein Johann Joseph einmal als Joseph und einmal als Johann verzeichnet sein. So kann ein Franz Johann nur Franz genannt werden und ein Johann Georg nur als Georg gelten.  Altersangaben im Heiratsmatrikel und Sterbematrikel sind zudem nicht immer korrekt. Erst genaue Abgleiche und Überprüfungen ergeben ein sinnvolles Bild einer Familie.

Ich will nicht behaupten, Spezialistin zu sein oder keine Fehler zu machen. Ich lerne selbst jeden Tag dazu, was den Umgang mit den Daten anbelangt. Doch kenne ich inzwischen die frühen Matrikel von Neudorf, Schönfeld und Ober- und Untertiefenbach ausreichend gut und kann die Schriften der Priester gewohnheitsmäßig so gut entziffern, dass ich jedem, der Fragen hat, gerne weiterhelfe! Alles, was ich bereits erarbeitet habe, findet sich auf meiner Website zur Genealogie westböhmischer Familien.