Das Testament des Benedikt Roth (1677-1747)

Benedikt Roth war ein zu Reichtum gekommener Hopfenhändler. Bislang ist noch nicht geklärt, wer seine Eltern waren und aus welchem Haus in Neudorf er stammte. Doch weitgehend gesichert ist, dass er um 1677 dort geboren wurde. So errechnet sich dies aus den Altersangaben im Sterbematrikel.

Benedikt Roth war sehr gläubig. Er stiftete der Neudorfer Kirche hohe Geldbeträge und wird in Neudorfer Chroniken als Kirchenstifter bezeichnet.

Verheiratung mit der ersten Ehefrau namens Margaretha

Benedikt Roth war mindestens drei Mal verheiratet. Die erste Ehefrau, von der wir wissen, hieß Margaretha. Sie verstarb am 3 Februar 1729. Im Matrikel heißt es dazu: {Neudorf, 3 Februari, Ist Margaretha des Benedicti Roth eines Hopfenhändlers eheweib sonst geweste Stowasserin undt genante alte Willausin zu hiesiger pfarrkirch mit einem gesungenem Requiem begraben und 3 Tag zuvor von P. Ernesto Capellan mit allen heil. Sacramenten providiret worden. ihres alters 69 jahr.}

Ihr Alter ist mit 69 Jahren angegeben. Sie wäre demnach älter als Benedikt gewesen, doch sind Altersangaben insbesondere bei älteren Frauen häufig nicht gänzlich korrekt vermerkt.

Kinder aus dieser Ehe sind bislang nicht bekannt. Doch ist im Grundbuch die Rede von einem Stiefsohn namens Johann Michael Stowasser, dessen Schwester mit dem Hopfenhändler Franz Pichl aus Neudorf 11 verheiratet ist und einen Sohn mit dem Namen Johann Peter Pichl hat. Und da Benedikts Ehefrau den Namen Margaretha trägt und er selbst in Chronikberichten als Stiefgroßvater des Johann Peter Pichl bezeichnet wird, ist davon auszugehen, dass seine Ehefrau Margaretha die Witwe des Andreas Stowasser und Mutter des Johann Michael Stowasser ist.

Die betreffenden Familien Pichl und Stowasser und auch Benedikt selbst engagierten sich stark als Baumeister und Stifter für den Neudorfer Kapellenbau und dessen spätere Erweiterung zur Neudorfer Kirche.

1730: Kauf des Neudorfer oberen Berghofs

Am 4 Oktober 1730 übernahm Benedikt Roth den Zwei-Achtel-Hof mit den späteren Hausnummern 94/95 und den Achtelhof mit der späteren Hausnummer 58/59. Der Kaufpreis betrug 1.250 Gulden. Die Höfe gehörten zum damaligen Zeitpunkt in Form eines Drei-Achtel-Hofs zusammen und hatten sich vorher als „Berghöfe“ im Besitz der Lugners/Brandstätters und anschließend der Stowassers befunden. Letzter Besitzer vor Benedikt war Andreas Stowasser gewesen. Vermutlich der Andreas Stowasser, dessen Witwe Margaretha Benedikt heiratete.

1735: Verheiratung mit der Witwe Anna Franziska Barton

Nach dem Tod seiner Ehefrau Margaretha verheiratete sich der 58-jährig Witwer Benedikt Roth im September 1735 mit der ebenfalls verwitweten Anna Franziska Barton. In Benedikts späterem Testament wird diese als eine geborene Winkler bezeichnet. Der 1735 geschlossene Ehevertrag ist außergewöhnlicherweise im Neudorfer Grundbuch veröffentlicht. Benedikt wird darin als Handelsmann geführt.

Im Beisein ihrer Beistände legten die Eheleute ihren Ehevertrag (Heirathscontract) am 26 Februar 1736 auf dem Petschauer Amt vor. Braut und Bräutigam versprachen sich darin eheliche Liebe und Treue und dass sie einander beistehen und nie verlassen wollten bis in den Tod. Die Beistände der Brautleute waren: Für den Bräutigam Benedikt Roth: Andreas Roth, für die Braut Anna Franziska Barton: Johann David Petschner und Franz Petschner sowie Johann Joachim [Strembfriedl].

Auch versprach der Bräutigam, die von der Braut eingebrachten 700 Gulden zusammen mit 1000 Reichstalern von seiner Seite als ihr Erbe zurückzulegen, und bestimmte zusätzlich, dass 3.500 Gulden der damaligen Neudorfer Kapelle gespendet werden sollten, wenn in der Ehe keine Kinder erzeugt würden. Sollten Kinder zur Welt kommen, so solle diese Summe der Mutter und den Kindern zufallen. Sollten die Kinder jedoch unverheiratet sterben, solle wieder die erste Regelung – nämlich für die Neudorfer Kapelle – greifen. Tatsächlich gingen aus dieser Ehe zwei Kinder hervor, woraus sich spätere Diskussionen anlässlich des Testaments ergaben.

Umzug nach Petschau und Taufe der Kinder

In den Neudorfer Taufmatriken finden sich: Simon Hermann Thaddäus Roth, am 27 August 1736, und Maria Anna Josepha Roth, am 19 März 1738. Zu dieser Zeit wohnte Benedikt Roth jedoch bereits in Petschau, wo er am 9 Dezember 1747 im Alter von 70 Jahren verstarb. Am 29 Dezember 1735 hatte er nämlich seinen Drei-Achtel-Hof mit den späteren Hausnummern 94/95 und 58/59 zum Preis von 1.250 Gulden an seinen Stiefbruder Franz Hubl abgegeben und selbst im Anschluss das Petschauer Haus seines jüdischen, jedoch inzwischen getauften Stiefgroßvaters mit dem Nachnamen Glückselig gekauft. Dieses Petschauer Haus trug die Nummer 7 und wurde Benedikt zusammen mit einem Branntweinbrennrecht sowie Felder, Wiesen und Wäldern verkauft.

Dritte Ehe mit Maria Anna [Hacker oder Racker]

Die dritte Ehefrau des Benedikt Roth hieß Maria Anna. Sie war eine Verwalterstochter aus Goslau und trug den Nachnamen Hacker oder Racker (auch Raka). Die Ehe wurde – da die zweite Ehefrau, Anna Franziska Winkler, am 28 Mai 1739 verstorben war, um 1740 geschlossen.

Benedikts Testament

Nun zum Text des Testaments bzw. der interessanten Beschreibung des zugehörigen Vorgangs:

Übertragen aus der Neudorfer Chronik (Abschrift)

Im Jahre 1747 erkrankte schwer der uns schon bekannte Gutthäter Benedikt Roth, ehemaliger Neudorfer aus Nro. 102, in Petschau. Er ließ den Johann Hubl aus Neudorf, der mit ihm ehemals Hopfenhandel betrieben hatte, nach Petschau kommen und bat ihn auf seinem Krankenbette, er möge seine in fremden Landen ausstehenden Forderungen eincassieren und seiner nach ihm zurückbleibenden Gemahlin […] übergeben. Auch machte er in Gegenwart Hubls sein Testament. Dieses enthielt folgende Bestimmungen:

1) Sollte die Neudorfer Kirche vier Tausend Gulden erhalten, wofür alle Sonn- und Feiertage ein gesungenes Amt in Neudorf für seine Seele gehalten werden sollte.
2) Sollte seine leibliche Tochter Marianna aus seiner Ehe mit Franziska Winklerin in Petschau aus Nro. 63 auch 4.000 Gulden erhalten (Sie wurde später zu Poheschau Klosterjungfrau des Prämonstratenser-Ordens und erhielt als solche den Namen Monica. Nach Aufhebung des Stiftes starb sie in Rudig).
3) Sollte seine Gemahlin auch 4.000 Gulden erhalten. Nebstdem sollten ihr das Haus, 3 Scheuern, die Waldung, die Teiche und die Grundstücke des Erblassers verbleiben.

Seine Gattin wandte gleich folgendes gegen dieses Testament ein; sie sagte: „Mit 4.000 Gulden werde ich die Hopfenhandelsschaft nicht bestreiten können; diesetwegen bitte ich Dich, daß du auf Neudorf für die Kapelle nicht so viel Geld vermachen möchtest!“

Roth erwiderte sogleich hierauf: „Ich bin dies aus Dankbarkeit gegen meinen Gott schuldig, indem ich mich noch wohl an meine Armuth erinnere, wie ich noch Zwillicher Beinkleider getragen habe. Diesetwegen ist der ganze Segen der hl. Dreifaltigkeit zu verdanken. Weil ich all mein Vermögen schon von Neudorf nach Petschau gebracht und da nichts mehr dazu erworben habe, derowegen ist auch an Neudorf gedacht.“

Da kam der Herr Pfarrer Hyacinth Hecht hinzu. Die Frau des Sterbenden entdeckte ihm ihre Gedanken und bat ihn, er möge ihren Mann zu einem anderen Beschlusse bewegen. Dieser, als er mit dem Kranken auf sein Testament zu sprechen kam, sagte: „Ich glaube selbst, dass für Neudorf 2.000 Gulden hinlänglich seien; jedoch wenn Ihr auf Eurer Meinung verharren wollet, so halte ich es für ratsam, die anderen 2.000 Gulden für meine Pfarrkinder zu vermachen.“

Der Kranke schlug ihm jedoch den Antrag ab, weil er dies aus Dankbarkeit gegen die allerhl. Dreifaltigkeit zu thun gelobt habe. Hier wollte sich Johann Pichl beurlauben; da bat ihn der Kranke, da er immer ein guter Freund von ihm gewesen sei, nur noch einige Tage zu verbleiben. Hubl willigte ein und verblieb. Da trat die Tochter des Kranken, Marianna, ein und bat diesen mit wehmüthiger Stimme, er möge auf Neudorf nur 2.000 Gulden vermachen. Der Vater nahm sie aber bei der Hand, küsste sie und sprach: „Töchterle, du verstehst es nicht, zu was dich deine Mutter anreizet. Deine Mutter kann mit diesem zufrieden sein, wie Du. Du bekommst 4.000 Gulden; danke dafür deinem Gott und lasse dich dessen auf dem Rathhaus versichern! Was ich dir noch geben kann, ist mein väterlicher Segen. Weine dahero nicht und küsse dafür meine kranke Hand und geh!“

Es dauerte aber nicht lange, so stand seine Gattin wieder hier, um ihn nochmals zu bitten. Er aber sagte: „Bedenke doch nur, was ich dir nebst den 4.000 Gulden hinterlasse! Du hast dein eingebrachtes Heirathsgut, obschon es in wenigem bestund, zum voraus; ich hinterlasse dir ein volles Haus mit allen Pferden, Rindern und Hausgeräthschaften, drei Scheuern, dann Schupfen, Felder, Wiesen und mehrere andere Grundstücke, welche – nur gering gerechnet – weit über 30.00 Gulden zu stehen kommen. Dann gehört dir noch das Geld, so noch in fremden Landen ausstehet. Hier ist mein Schwager [d.i. Johann Hubl]; unsere Rechnung ist richtig beschlossen und alles beschrieben; er wird dir die Gelder richtig einhändigen. Sei deswegen damit zufrieden und bete fleißig um ferneren Segen Gottes! Geh dahero und laß mich ein wenig ruhen und schlafen!“

Den Hubl bat er, er möchte sich auf seinen Schlafsessel setzen und bei ihm wachen, jedoch nichts reden, außer wenn er ihn rufen würde. Er schlief durch zwei Stunden, worauf er ein Glas von seinem Weine verlangte. Als er diesen getrunken hatte, bat er abermals seinen Schwager, sich in seinen Stuhl zu setzen. Dann schlief er etwa eine halbe Stunde weiter, worauf er nach einem Glase Wasser verlangte. Da ihn seine Gemahlin, welche nicht anwesend war im Zimmer, mit Hubl sprechen hörte, trat sie ins Krankenzimmer ein und frug ihren Mann, wie er geschlafen hätte? Er antwortete: „Zwar recht gut, doch verspüre ich, dass mir schlimmer sei als gestern.“ Kurz darauf kam ihr Bruder, Josef Raka [evtl. Hacker oder Racker]. Dieser fing nochmals an: „Schwager Benedikt! Ich bitte zum letztenmal um die 2000 Gulden; mögen auf der Neudorfer Kapelle 2.000 Gulden verbleiben!“

Da entgegnete der Kranke: „Weil nun das Bitten, Flehen und Weinen kein Ende nehmen will, so Lasst den Stadtschreiber rufen; ich will, obwohl ungern, eure Bitte gewähren. Es sollen der Neudorfer Kapelle nur 2.000 Gulden zufallen, wovon 80 Ämter an Sonn- und Feiertagen für mich und mit einem Memento vor meine Freundschaft gehalten werden sollen. Die Neudorfer hingegen sollen verbunden sein, demnach sie zu ihrer Bequemlichkeit Musik hören können, ein Pferd um den Herrn Geistlichen nach Petschau zu schicken.“ Dieses wurde dann von dem Petschauer Stadtschreiber niedergeschrieben und hierauf der Kranke um seine Unterschrift gebeten. Dieser sagte: „Vor Verdruß muss ich mich wegen der 2.000 Gulden unterschreiben, um nur nicht mehr das Gewinsel zu hören und Ruhe zu bekommen; allein mit diesem Geld werdet ihr kein Glück und keinen Segen haben, weil es nach meiner Meinung ein verlobtes und geopfertes Geld ist; kaum wird es an den Dritten Erben kommen!“

Er verschied nach Empfang der heiligen Sterbesacramente am 9 October 1747. Dieser Verstorbene war der Stiefgroßvater von Johann Peter Pichl mütterlicherseits. [Anmerkung: Benedikt Roth war demnach vermutlich in erster Ehe mit einer geborenen Stowasser verheiratet, denn die Mutter des Johann Peter Pichl war Anna Barbara Stowasser.]

Quellenangaben:
1) Neudorfer Altes Grundt Buch, 1600-1779, 125 ff.
2) Matrikel für Nova Ves (Neudorf), www.portafontium.eu

3) Neudorfer Ortschronik, 1883-1938, 139 ff. (74)
4) Westböhmische Familienforschung: www.familienforschung-lugner.de