Alte Landstraßen: Von Neudorf nach Schönfeld und Obertiefenbach

Ortschaften und ihre Wege verändern sich im Laufe der Jahrzehnte und Jahrhunderte, und so lassen sich in der Gegenwart historische Häuserstandorte und Verläufe von Straßen und Wegen oft nicht mehr herausfinden. Für die Ortschaft Neudorf existieren jedoch glücklicherweise alte Landkarten, und in Verbindung mit Angaben in Grundbüchern und Kirchenbüchern scheint die Lage der alten Landstraße von Neudorf nach Schönfeld und Obertiefenbach wenigstens ungefähr zugeordnet werden zu können.

Bekannt ist, dass diese alte Landstraße nach Schönfeld den Namen Willausenweg trug. So wurde es im Grundbuch des Jahres 1629 notiert, als Hans Lueger (Lugner) den Hof seines Vaters Jacob Lueger „im Willausenweg“ übernahm. Noch 100 Jahre später ist der Name des Wegs offensichtlich noch im Ort bekannt gewesen. Denn es heißt am 3 Februar 1729, als Margaretha Roth auf dem Hof 94/95 verstirbt: „Neudorf, 3 Februari, Ist Margaretha des Benedicti Roth eines Hopfenhändlers eheweib sonst geweste Stowasserin undt genante alte Willausin zu hiesiger pfarrkirch mit einem gesungenem Requiem begraben und 3 Tag zuvor von P. Ernesto Capellan mit allen heil. Sacramenten providiret worden. ihres alters 69 jahr.“ Margaretha war in zweiter Ehe mit Benedikt Roth verheiratet, ihr erster Ehemann war Andreas Stowasser gewesen, an dessen Verwandten Martin Stowasser Vorbesitzer Hans Lugner den Hof im Jahr 1642 verkauft hatte.

Der Hof 94/95, der auch unterer Berghof genannt wurde, muss demnach an dieser alten Landstraße gelegen haben. Auf dem folgenden Kartenausschnitt (Quelle: https://ags.cuzk.cz/archiv) ist innerhalb des türkis umrandeten Rechtecks der Hof Neudorf 94/95 (unterer Berghof) zu sehen. Innerhalb des orangefarbigen Rechtecks sieht man die ursprüngliche Lage des Hofs Neudorf 92/93 (oberer Berghof). Unterhalb und oberhalb beider Höfe zweigen auf der historischen Karte (hier gelb markierte) Wege ab, die in Richtung Obertiefenbach und Schönfeld verlaufen. Beim unteren Weg dürfte es sich – folgt man den Angaben in Kirchenbuch und Grundbuch – um den besagten Willausenweg handeln.

Möglicherweise verlief der Willausenweg aber auch zwischen den beiden Höfen 92/93 und 94/95. Er scheint im historischen Verlauf heute nicht erhalten zu sein. Dagegen ist ein oberhalb des Hofs 92/93 verlaufender Feldweg heute vor Ort noch deutlich zu erkennen (wenn auch nicht gesichert ist, dass der heutige Feldweg im Verlauf exakt dem damaligen Weg entspricht).

Der Feldweg wendet sich nach der Dorfstraße zuerst nach rechts und biegt später in Richtung Schönfeld nach links ab. Auf dem folgenden linken Bild sieht man weit im Hintergrund auf dem bewaldeten Hügel den oberhalb Schönfelds stehenden Aussichtsturm.

Der vorhandene Feldweg verläuft wohl oberhalb der Lage des Hofs Neudorf 92/93. Gestützt wird diese Annahme dadurch, dass das Gebäude, das auf der Karte unterhalb des braun eingezeichneten Feldweg existiert (siehe rotes Rechteck), in Anordnung und Größe dem heute dort noch stehenden Haus entspricht.

Das Haus sieht heute von der Straße aus so aus. Es dürfte sich um das Grundstück mit der Nummer Neudorf 92 handeln.

Folgt man dem Feldweg links des Hauses, sieht man es in weiteren Perspektiven:

Der Hof Neudorf 94/95 – „Willausenhof“ (so wollen wir ihn nennen) – scheint nicht mehr zu existieren. Er war nach dem Tod der „alten Willausin“, der Witwe Margaretha Stowasser, an ihren zweiten Ehemann Benedikt Roth übergegangen, der ihn 1735 seinem Stiefbruder Franz Hubl verkaufte. Zu dieser Zeit wurde der noch zum Hof gehörende Hof Neudorf 58 abgetrennt und an Andreas Zuleger abgetreten (dieser Hof lag auf der anderen Seite des Sees).

Ab 1776 befand sich der Hof Neudorf 94/95 im Besitz der Familie Hopf. Auf seinem Gelände (hinter der von Franz Xaver und Josef Hopf gestifteten Dreifaltigkeitsstatue) sind heute Neubauten erkennbar:

Quellenangaben:
Grundbücher und Matriken für die Ortschaft Neudorf. www.portafontium.eu

Die Fotografien wurden im Jahr 2023 angefertigt.
Der vorliegende Beitrag wurde zuletzt am 16 Juli 2024 aktualisiert.